Vom Hype zur Herausforderung: Was der Camping-Boom für Hersteller und Urlauber bedeutet
Unser CARAVAN.fm-Moderator Vincent Springer war im Gespräch mit Tourismusexperte Prof. Dr. Jürgen Schmude von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Vincent hat nachgefragt, welche aktuellen Herausforderungen der Camping-Boom mit sich bringt und wo wir Campions am liebsten unser Campinglager aufschlagen.
27.02.2025 Maybrit Wilkens
CARAVAN.fm: Gibt es einen Camping-Boom?
Schmude: "Den Camping-Boom gibt es schon seit Vor-Corona und der ist durch Corona nochmal befeuert worden. Das können wir sowohl beim Camping, als auch beim Caravaning und bei den Wohnmobilen beobachten. Das ist alles durch die Decke geschossen, weil alles, was outdoor- und naturorientiert ist, sehr hoch im Kurs steht. Durch Corona haben sich viele Leute Ausrüstung zugelegt, die sie jetzt nutzen. Das heißt aber auch, dass wir so einen gewissen Sättigungsgrad bei den Wohnmobilen und Caravans haben und darunter leiden die Hersteller. Das ist ein gewisser Widerspruch zwischen der Nachfrage der Urlaubsform und den Umsätzen, die gerade durch den Verkauf von Wohnwagen und Wohnmobilen erzielt werden."
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CARAVAN.fm: Das heißt, es haben sich quasi alle, die wollten, schon während der Coronazeit ein Wohnmobil zugelegt und deswegen gibt es jetzt die ganzen Insolvenzen?
Schmude: "Genau, wenn eine gewisse Nachfragesättigung erreicht wird, und die ist offensichtlich erreicht, kann es mit dem Verkauf nicht im selben Maß weitergehen."
CARAVAN.fm: Geht der Trend zum Dauercampen oder Reisecampen?
Schmude: "Auf jeden Fall mobil. Einfach, weil in den jüngeren Altersgruppen die Abwechslung, und was Neues sehen eine ganz große Rolle spielen. Da haben wir wirklich einen Unterschied im Verhalten zwischen den älteren und jüngeren Altersgruppen. Und die jüngeren Altersgruppen sind eigentlich „berechenbar“ in ihrem Verhalten. Die machen das eine Jahr das, das andere Jahr das, probieren einfach aus und sind sehr experimentierfreudig. Die Generation meiner Eltern ist dann zum dreißigsten oder vierzigsten Mal auf Norderney."
CARAVAN.fm: "Welche Herausforderungen bringt der Camping-Boom?"
Schmude: "Also auf der einen Seite muss man feststellen, dass wir zu wenig Stellplätze für Wohnmobile in Deutschland haben. In vielen Kommunen wird jetzt aber nachgerüstet. Und auf der anderen Seite haben wir das Phänomen, dass Camping absolut nicht mehr der Billig-Urlaub ist wie vor 30 Jahren. Die Ansprüche an die Infrastruktur und auch das Umweltbewusstsein sind enorm gestiegen. Wird mein Campingplatz durch regenerative Energien versorgt oder durch konventionelle? Das sind alles Aspekte, die eine Rolle spielen."
CARAVAN.fm: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit?
Schmude: "Noch nicht eine so große, wie sie vielleicht sollte, aber es nimmt zu. Gerade bei der angesprochenen Energieversorgung spürt man eine steigende Sensibilität. Bei der Ernährung ist das Ganze schon ein Stück weiter. Regional ist das neue Bio. Angebote, die aus der Region kommen, sind viel stärker nachgefragt als in der Vergangenheit."
CARAVAN.fm: Welche Reiseziele sind besonders beliebt?
Schmude: "Also die klassische Rangliste der beliebtesten Reiseländer ändert sich in der Spitze nicht: Spanien vor Italien, dritter Platz die Türkei, vierter Platz Österreich. Das ist eine Entwicklung, die wir schon sehr lange haben. Es ist relativ stabil in der Spitze, Österreich und Türkei haben öfter mal gewechselt, aber ansonsten bleibt es auf Länderebene gleich. Unter anderem werden aufgrund von Social Media immer mal wieder bestimmte andere Reiseziele hip. Albanien ist so ein Reiseziel, das im Augenblick hoch gehandelt wird, ohne dass die jetzt in den Top 10 der beliebtesten Reiseziele der Deutschen auftauchen. Albanien ist außerdem offizielles Gastland der diesjährigen ITB Berlin."